„Haben wir natürlich auch geändert . Zwei Vorplätze hintereinander, das wäre zu viel des Guten bei dem knappen Platz, also wird das Wohnzimmer grösser gemacht und bekommt direkte Verbindung mit der Küche. Ein kleiner Nachteil ist dann wohl, dass man in die beiden Schlafzimmer nur durchs Wohnzimmer gehen kann."
„Aber schade ist nur, dass wir kein Badezimmer haben! In der Beziehung waren wir doch bisher so verwöhnt“ klagte Ilse.
„Vorläufig wird im Freien gebadet, das Badezimmer kommt später, wenn wir wieder bessere Zeiten haben! Du musst doch auch eine Waschküche haben. Die wird dann mit dem Bad kombiniert, hier rechts neben der Haustür angebaut – wir setzen den Eingang an die Traufseite, Willi, statt an die Giebelseite wie in dem Firmenplan. Eine glatte Wandtafel bleibt uns jetzt schon übrig für den Waschküchenanbau, und eine Tafel mit Tür auch – „
„Fein, Vater, dass die übrig bleiben, die warmen Wandtafeln sind so schön zum Sonnenbaden!“ freut sich Monika.
„Und der kleine Raum des Hauses, der, in den auch der Kaiser allein geht, der ist auch schon vorgesehen, er ist wirklich so, dass nur einer darin Platz hat!“
In dieser Zeit der Planungen hatte sich die Familie beim Mittagessen vor der Hütte wieder einmal über das Projekt des Heilpflanzen-Anbaus unterhalten.
Sehr gut waren ja die Aussichten nicht dafür, denn was sich auf dem Grundstück roden liess, wurde gebraucht für den eigenen Bedarf an Gemüse und Obst, und anderes Land war nicht zu kriegen. Pfefferminz und Zitronenmelisse war schon angepflanzt und vermehrte sich üppig, Boretsch und Dill auch, aber sonst? Der Vater räsonierte:
„Ein Blödsinn, überall in den Städten fehlt es an Obst , Gemüse und Salat, aber was bauen die Siedler und Kleingärtner mit dem grössten Eifer an? Tabak müssen sie haben – nicht genug damit, dass das gesundheitsschädliche Zeug in Mengen eingeführt wird und ungeheuer viel von den kostbaren Devisen verschlingt – es muss auch noch der eigene knappe Boden, auf dem man so viel Nahrhaftes ziehen könnte, dafür missbraucht werden. Rein verrückt sind ja die Menschen auf dieses Kraut, Marke Siedlerstolz ...“
„Ja, das müsste verboten sein, kann die Regierung nichts machen?“ fragte Ilse.
„Nein, das kann und will sie nicht – qualmen ja alle selber, die Amis vor allem!“
„Und dabei hat man doch wirklich gar keinen Genuss davon,“ wunderte sich Hedwig. „Bei uns beim Arbeitsdienst hat mal jemand eine Schachtel Zigaretten mitgebracht und sie in der Gruppe verteilt - aber mir hat das Zeug wirklich nicht geschmeckt, ich habs weggeschmissen, noch bevor die Hälfte geraucht war!“
„Na ja, eigentlich müsste man es ja dann gar nicht verbieten, wenn es so schlecht schmeckt“; meinte Monika,“ wenn die Menschen vernünftig sind, dann wollen sie doch so etwas gar nicht haben, was so schlecht schmeckt und schädlich sein soll– ist aber doch nicht so, scheint mir!“
„Wenn, ja wenn – wenn sie vernünftig wären, musst du sagen! Sie sind eben nicht vernünftig, einer macht dem andern alle Dummheiten nach, und der Tabak selber hat so eine heimtückische Eigenschaft: erst schmeckt er gar nicht gut, aber man kann sich daran gewöhnen, und wenn man ihn öfter „genossen“ hat, dann glauben die Menschen, dass sie es nicht mehr ohne das geliebte Gift aushalten könnten - sie werden süchtig, wie man sagt, und wenn sie erst einmal nach Jahren darauf kommen,
wie schlecht ihnen der Tabak bekommt, oder der Doktor sagt es ihnen, dann ist es zu spät und sie können gar nicht mehr davon loskommen.“
„Also gar nicht damit anfangen, das ist das beste Mittel dagegen!“ zog Moni den selbstverständlichen Schluss. „Und wissen müssten das vor allem die jungen Leute, wie das alles zusammenhängt und was für Dummheiten sie mit ihrer blöden Zigaretten-Raucherei anfangen“ fügte die Mutter hinzu.
„Ja, aber wer soll es ihnen beibringen? Die Eltern vielleicht, oder die Lehrer? Die rauchen ja fast alle selber, sogar die Ärzte, so viel ich gemerkt habe!“ warf Hedwig ein.
„Ja, das ist die entscheidende Frage: wer solls den Kindern beibringen? Man darf ja nicht nur einfach verbieten – das Verbotene reizt ja immer gerade zur Übertretung, wenn man den Sinn nicht einsieht.
Karl (2. v.r.) als Wandervogel in Heidelberg |
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Man muss dem jungen Menschen, wenn man ihm das Eine wegnimmt, was er irrtümlich für einen Genuss hält, etwas Anderes, Bessers dafür geben – nicht nur materiell – Obst statt Zigaretten, Apfelsaft statt Bier – sondern auch etwas, an dem er
sich begeistern kann: Sport, Wandern, Skilaufen, Musik,
basteln, alles das, was die Amerikaner Hobby nennen, und, das ist die Hauptsache dabei, eine bessere Geselligkeit unter seinesgleichen, nicht die verräucherte Wirtshausatmosphäre mit ihrem Bierdunst und ihren Zoten – das ists, was der Jugend nottut – so wie wirs im Wandervogel und in vielen andern Bünden in der Jugendbewegung gehabt haben.
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