Erinnerungen eines Flugschülers von 1917 (Hans Prölss)


Endlich war es gelungen: einer gründlichen ärztlichen Untersuchung beim Korpsarzt folgte im September 1917 die Versetzung zu den bayrischen Fliegern.
Einen Tag wanderte ich allein aus den Waldkarpathen durch die idyllische, vom Krieg kaum berührte Landschaft der Bukowina. In Czerowitz wollte ich ein Bahnhofs-Massenquartier vermeiden und mir einmal ein Hotelzimmer „Meteor“ gönnen – wurde aber für diesen Hochmut durch unzählige Flöhe bestraft.
Die Bahn brachte mich dann in einer Woche über Lemberg – Schlesien - Sachsen in die Heimat und lieferte mich bei den Fliegern in Oberschleissheim ab.
Dort durfte ich ab 30.8. ein paar Tage lang auf dem Platz der Fliegerschule herumstehen, auch einen kleinen Flug mitmachen und Fliegerluft schnappen. Höhepunkt war dabei der erste Flug, zugleich die Probe auf Flug-Tauglichkeit.
Ein Fluglehrer verlud mich auf den hinteren Sitz einer C-Maschine – Sitz ist zu viel gesagt, ich musste auf dem ganzen Flug stehen und konnte mich in einem kleinen Spiegel beobachten. Mit 260 PS ging es dann über den grünen Rasen dahin, schon schwebten wir über das mächtige Schleissheimer Schloss , deren Teppichbeete mit Blaukraut und Roten Rüben eingefärbt waren, im Nu hatten wir ganz München unter uns, die Isar und den Starnberger - und Ammersee und in der Ferne die Zugspitze und die Alpen.
Mein Pilot zog einige sanfte Kurven und das Merkwürdige für mich war, dass nicht etwa die Kugelgestalt der Erde sich ausprägte, je höher wir kamen, sondern dass die ganze weite Ebene wie eine riesige Schüssel unter uns lag und der Horizont je nach unsern Kurven sanft hin und her schwankte, und dass unser Doppeldecker wie ein fester Punkt im blauen Luftmeer festgenagelt erschien. Der Pilot legte die Maschine noch mehr in die Kurve – die grosse Schüssel schien zu kippen – die Welt auf den




Kopf gestellt zu werden – die Sonne schien von unten auf die Tragflächen – doch der Pilot brachte alles wieder in die richtige Lage und mich wieder zur Erde zurück, unversehrt und vergnügt über diesen herrlichen Flug.
Kurz nachher fragte der Fluglehrer bei dem Häufchen beginnender Flugschüler: „Wer kennt sich in Schwabing aus ?“ Ich hatte nichts besseres zu tun, meldete mich und erhielt den Auftrag, in der Elisabethstrasse einen Brief an einen Offizier abzugeben und die Antwort zurück zu bringen. Da diese Strasse so ungefähr 10 km entfernt war, erhielt ein fortgeschrittener Flugschüler den Auftrag, mich in ein paar Minuten auf dem Oberwiesenfeld in der Ecke hinter der Schwere-Reiter-Kaserne abzusetzen und auf raschestem Wege wieder heimzubringen. Das gab also wieder einen netten Flug, nur wäre der Rückflug beinahe gescheitert, denn der kalt gewordene Motor wollte nicht mehr anspringen; ein paar Dutzend mal musste unter „Ein“ und „Aus“ der Passagier am Propeller drehen – und als er endlich – ganz unerwartet – loslegte, da riss der Sturm meinen „Zwicker“ mit fort, auf Nimmerwiedersehen im Gras !
Aber natürlich konnte ich als kurzsichtiger Flugschüler so nicht antreten und bekam am nächsten Tag eine solide Brille gestellt.
Das war die Einleitung in das Fliegerleben, das sich aber in der Folge als ziemlich gemächlich herausstellen sollte. Als „2.Monteur“ wurde ich zunächst hin – und hergeschoben, den nächsten Strohsack drückte ich in der „Motorschule“ im nahen Milbertshofen, (nachdem man mir eine Woche Urlaub daheim in Nürnberg vergönnt hatte), wo man in Motorstörungen und Morse-Alphabeten gedrillt wurde und nebenbei etwas Grossstadtluft geniessen konnte. In peinlicher Erinnerung ist mir noch heute ein kleines, vornehmes Speiselokal beim Stachus, in dem ich eine Stunde lang auf mein Essen wartete, festgenagelt auf einem Stühlchen, ohne eine Zeitung oder eine sonstige Ablenkung !
Aber solche Erfahrungen müssen auch überstanden werden und überraschend schnell war der erste Monat meiner Fliegerlaufbahn vergangen, und mit 12 Kameraden dampfte ich zur FEA II (Flieger-Ersatz-Abteilung) nach Fürth ab. Eingeteilt zur Fliegerschule 3 bummelten wir ein paar Tage auf dem Flugplatz herum und bekamen fürs erste mal Urlaub bis zum 14.10.1917, am 15.10. 1917 begann dann der Ernst des Lebens.




Vom Fluglehrer Leutnant Heinemann wurden wir vier neuen Flugschüler (ein Leutnant, zwei Unteroffiziere und ein Gefreiter) dem Fluglehrer Vize-Feldwebel Sedlmeier übergeben.


Hans Prölss rechts aussen



Der Fluglehrer war ein gemütlicher dicker Münchner, über den und seine Flugkünste manche Geschichten umliefen ( so z.B. dass er bei seinen Frontflügen manchmal gegen Durst durch Mitnahme eines Bierfässchens mit Gummischlauch vorgesorgt hatte.) Jetzt jedenfalls verzichtete er auf alle Heldenposen und war sehr bedacht, dass seine Flugschüler und er nicht zu sehr in die Gefahrenzone kamen – bei Windstärke 1 oder gar bei leichtem Nebel war sein ständiger Befehl: „Dös is nix für euch, rollen wir heim“.
Immerhin, den ersten Schulflug habe ich mit ihm am 15.10. gemacht, links herum in etwa 100 m Höhe. Den Ernst des Fliegerlebens haben wir auch schon kennen gelernt: einer der 12 Flugschüler, die mit mir von Schleissheim gekommen waren,



machte gleich am ersten Tag mit einem fortgeschrittenen Schüler einen Überlandflug nach Bamberg mit, sie kamen aber nur bis Stramlingstadt bei Strullendorf und stürzten dort zu Tode.
Fliegerschicksal, das wir in dem halben Jahr in Fürth noch manches mal erleben mussten – dass die Fliegerwaffe in der Heimat mehr Gefallene zählen konnte als an der Front, das erfuhr unsereiner erst nach dem glorreichen Ende, und um die 5 Mark tägliche Fliegerzulage wurde man nur von Dummen beneidet.
Für mich persönlich hatte dieser Todessturz noch einen tragisch-komischen Abschluss: als ein Unteroffizier und Flugschüler der letzten Lieferung erhielt ich als Vertreter der Flugschule den Befehl, mit 8 Mann zur Beisetzung nach Strullendorf zu fahren. Das war nicht so einfach, wie es klingt:
Für die Fahrt zum Bahnhof Fürth stellte man uns einen eisenbereiften Lastwagen zur Verfügung, deren altersschwacher Motor unterwegs dreimal hängen blieb, sodass wir gerade noch die Schlusslichter unseres Zuges sahen. Mit etwas herumtelefonieren gelang es dem Fahrdienstleiter, einen Schnellzug für uns zum Halten zu bringen und mit einer Stunde Verspätung stapfte ich mit meiner mit Sturzhelmen bedeckten Wehrmacht durch die Herbstsonne bergwärts – da tauchten an einer Biegung 2 Kühe auf, die den Sarg eines unseres Fliegerkameraden dem Bahnhof zu schleppten. Schwieriges Problem für einen Kommando-Führer: „Achtung – Augen links“ oder „Achtung – halt, Helm ab zum Gebet –„ oder was war sonst am Platz ? Der andere Flieger war schon der Erde übergeben, wenn auch zur Verwunderung der Bauern ohne militärisches Zeremoniell. Nun, wir machten kehrt und geleiteten wenigstens einen unserer Kameraden im Trauermarsch zum Bahnhof.
Damit war nun unsere Flugschülerzeit eröffnet. Untergebracht war ich zusammen mit einem Kameraden in einem Kämmerchen einer Baracke, jedoch nicht sehr lange, vom 18.11. ab mietete ich mir ein privates Zimmer bei einer Witwe in der Kanalstrasse in Fürth.
Der Flugdienst beschränkte sich meist auf 1 – 2 Fünfminutenflüge mit dem Lehrer – oft verhinderte Nebel und Wind den Flugdienst und die Zeit wurde mit Wachtdienst oder soldatenähnlichen Beschäftigungen ausgefüllt.
Einmal versuchte ein adliger Offizier vom Leibregiment ( selbst Flugschüler) diese




verlotterte Gesellschaft durch Exerzieren mit "Auf" und "Nieder" auf Draht zu bringen, mit wenig Erfolg.
Da machte es der schneidige Leiter der Schule (Oberleutnant Böhl) schon besser. Das Dutzend Offiziere unter den Flugschülern, das wegen der herbstlichen Kühle in schicken Pelzmützen herum zu stehen pflegte, brachte er durch einen improvisierten Dauerlauf ( er natürlich an der Spitze) ins Schwitzen. Den Unterricht würzte er durch solche Weisheiten wie „Jeder, der mit einem Motor zu tun hat, ist ein Bazi“, sich selber hat er auch hier nicht ausgeschlossen. Schade, dass er nach einigen Monaten bei einem Flug mit einer D – Maschine (Jagd-Doppeldecker) zu Tode gestürzt ist.
Nun will ich auch das Wichtigste auf dem Flugplatz, unsere „Kisten“, vorstellen. Da soll es früher A-Maschinen gegeben haben, die haben wir nicht mehr zu Gesicht bekommen, es waren wohl die berühmten Rumpler-Tauben der Vorkriegszeit, mit denen Helmut Hirth den ersten Flug von München nach Berlin gemacht hat. Unsere alltäglichen Maschinen waren die B-Maschinen, kräftig gebaute Doppeldecker aus Blech, Draht und Leinwand, mit 2 Sitzen hintereinander, mit einem 100 PS-Motor, 4 Zylinder.







Vorne am Motor drehte sich der kräftige, aus Edelholz verleimte Propeller. Beim Kopfstand zersplitterte er trotz seiner soliden Bauart und war nur noch für die Herstellung von Briefbeschwerern oder Aschenbechern zu verwenden.

Der Motor kannte nur Leerlauf und Vollgas, genau 1400 U/Min., aber eine besondere Tücke hatte er noch: vergass man mit einem kleinen Hebel von Spätzündung auf Frühzündung umzustellen, so zog er nur mühsam hoch und das konnte dem Piloten das Leben kosten – wie es später einem meiner Mitschüler passiert ist.
Mit seinem Passagier ist er hinter der Flugzeughalle in Flammen aufgegangen. Es war, wie ich meinem damaligen Notizbuch entnehme, das vierte Paar fortgeschrittener Flugschüler, das in einem halben Jahr an der Fürther Fliegerschule sein Leben lassen musste – alle auf den C-Maschinen, die von der Front ausrangiert waren und mit ihren 260 PS-Motoren Überlandflüge und Höhenflüge bis 4000 m machen mussten und dabei meist einen Beobachter mitführten.

Wenn es da mal einen Bruch gab (Steuer oder gar Kurbelwelle), so war es bei den grossen Höhen Schluss mit den beiden Fliegern. Da waren wir gut dran mit unsern braven B-Maschinen, von denen fast jeden Tag eine Bruch machte, aber bei ihren geringen Geschwindigkeiten dem Piloten, der mit Sturzhelm und Gurt ausgerüstet war, ein gefahrloses Aussteigen garantierte.

Ist es doch einmal passiert, dass einer unserer Kameraden in der ersten Kurve nach dem Start zu tief kam und in einem Kiefernwald verschwand – natürlich sausten wir gleich mit dem Sanitätswagen los, um ihm zu helfen, aber, was keiner erhofft hatte: er kam uns ein ganzes Stück vor dem Wald unversehrt entgegen mit dem Sturzhelm unterm Arm – seine Maschine dagegen hing in Fetzen in den Bäumen und hatte 7 Wipfel abgekämmt. Das war eine solide B-Maschine.








Weiter zur Beschreibung unserer Maschine. Die beiden Tragdecker waren mit Drahtseilen sorgfältig über Kreuz verspannt, das Fahrgestell bestand aus 2 Rädern, die an langen Gummiseilen aufgehängt waren, sodass sie beim Landen allerhand Sprünge machen konnten. Die Räder waren bei den Maschinen für bessere Dienstgrade mit normalen Luftreifen versehen. Flugschüler hingegen mussten sich mit Rädern aus Sperrholz begnügen, die Emmentaler Käsen glichen, aber bedeutend gebrechlicher waren als diese.
Gesteuert wurde die Maschine mit dem auch heute üblichen Knüppel, Seitensteuer mit den Füssen, Höhensteuer vor = ab, zurück = Steigung, Knüppel seitwärts = Verwindung, alles doppelt für den Lehrer.
Messgeräte gab es fast gar nicht, nur der Drehzahlmesser war wichtig, Höhenmesser gab es nur bei Höhen- und Überlandflügen. Unentbehrlich war der mit einer kleinen Handkurbel bediente Stromerzeuger zum Anlassen des Motors, der schon erwähnte Schalter für Früh- und Spätzündung und die Benzinhähne für Hauptbehälter und für Reserve. Noch etwas – ich glaube nicht.
Weiter zu erwähnen wären noch mal die D-Maschinen, die flinken kleinen Jagddoppeldecker ( bei uns selten zu sehen), die G-Maschinen, zweimotorig und




damals als Riesenflugzeuge angesehen und dementsprechend selten, ich habe noch nie eine solche gesehen.

Der damalige Winter war im ganzen sehr wüst. Es wurde unterschieden zwischen „Flugwetter“ und „Fliegerwetter“, das letztere zwang die Flieger, schön am Boden zu bleiben – Sturm, Regen, Nebel, Schneetreiben, das alles war mit Vorsicht zu geniessen und verhinderte manchmal wochenlang jeden Flugbetrieb – so zog sich unsere Ausbildungszeit von Oktober 1917 bis Februar 1918 hin.
Einen seltenen Genuss erlebte ich am 2.November, da nahm mich ein fortgeschrittener Flugschüler (Unteroffizier Kechter) auf seinem vorgeschriebenen Höhenflug in einer C-Maschine mit: 3900 m war die Gipfelhöhe, schöner Blick aufs Wolkenmeer und im Süden auf die Alpengipfel, die man von Fürth aus wohl nur selten zu Gesicht bekommen dürfte.

Ende Januar war es endlich so weit, dass Sedlmeiers 4 Schüler allein „losgelassen“ werden sollten, nachdem wir so ungefähr 40 Schulflüge mit dem Lehrer absolviert hatten – immer links herum in etwa 100 m Höhe, gar niemals rechts herum. Aber es zog sich immer wieder hinaus: schlechtes Wetter, Bruch der für uns vorgesehenen Maschine, wieder Bruch, Krankheit des Fluglehrers usw.
Endlich konnte es losgehen: nach der militärischen Rangordnung war unser Leutnant als Erster an der Reihe, und schon war es wieder aus für die anderen drei. Leutnant Bämmel gab schneidig Gas, aber die ungewohnten Holzreifen gaben der Maschine eine ganz falsche Richtung und sie sauste genau auf den Schornstein der letzten Flugzeughalle los. Der Pilot bekam es mit der Angst zu tun. Er trat kräftig aufs Seitensteuer ( eine Bremse gab es ja nicht). Solche Krafteinwirkung hielt das gebrechliche Fahrgestell nicht aus und schon lag die Maschine auf dem Rücken! Dem Leutnant hatte es nichts gemacht, aber unsere Maschine musste auf eine Woche in die Werft, bis ich endlich am 1.3.1918 zum ersten Alleinflug starten konnte auf Nr. 33. Endlich – der grosse Moment!
Brille auf – Sturzhelm festgebunden – Motor läuft schon – Frühzündung eingeschaltet – Starterlaubnis – Gashebel vorgeschoben – Drehzahl 1400! Schon brause ich los –




aber zum Teufel, genau wie bei unserm Leutnant steckt die Maschine die Nase um 30 Grad nach links. Drohend steht der Kamin auf der letzten Halle im Weg – doch Ruhe bewahren, in den 6 Tagen seit des Leutnants Rückenlandung ist in des Flugschülers Hirn x-mal die Situation durchgespielt worden, und schon rutscht der lächerliche Kamin 10 m unter dem rechten Flügel durch. Sacht steuere ich in den vorgeschriebenen Linkskreis hinein – die Maschine steigt und steigt ( aha! des Sedlmeiers 100 kg fehlen im vorderen Sitz!).
So schön war der Rundblick noch nie, aber schon habe ich Richtung auf das Landekreuz. Gerne wäre ich noch etwas oben geblieben, 300 m habe ich vielleicht schon – also Gas weg und Knüppel nach vorne – mit sanftem Sausen geht’s runter, recht schnell naht sich die Erde – abziehen, abfangen, abfangen! Ist schon abgefangen – ich gucke rechts hinaus, die Maschine schwebt wagrecht, 10 m über dem Boden? Das wäre der Moment um Gas zu geben und durchzustarten – aber das als Anfänger? Ach was, wir werden schon runterkommen. Sind wir auch mit ein paar Hupfern, aber doch ohne Bruch. Aufatmend und froh rollte ich zurück zum Startplatz, bereit zu weiteren Schandtaten. Aber wie hat mich der Sedlmeier in Empfang genommen: „Was hast du denn da gedacht? Das war doch kein Gleitflug, nein, das war ein Sturzflug.“

Damit war der erste Alleinflug für mich an diesem Tag beendet. Nach mir wurden noch 4 Flugschüler „losgelassen“. Der letzte davon stellte die Maschine auf den Kopf und damit war wieder Schluss für eine Woche mit Alleinflügen, mit Wind und Nebel und Bruchmaschinen. Kein Wunder, dass ich beim 2.Alleinflug die Achse ein bissel verbogen habe und zur besseren Übung noch ein paar Schulflüge mit dem Lehrer machen musste! Der erste Alleinflug wurde trotzdem gefeiert, in einer versteckten Kneipe, wo es trotz des Krieges noch Gänsebraten gab – der Sedlmeier wusste so etwas zu organisieren. Zuletzt führte er uns noch in ein anderes Lokal, das am Pegnitzufer mit einer roten Laterne seine Kundschaft lockte. Aber da wusste ich meine Unberührbarkeit zu bewahren. Im Nu war ich um die Ecke im Dunkel verschwunden. Es hat mich auch am andern Tag niemand auf die nächtlichen Erlebnisse angesprochen.




Fünf Wochen konnte ich mich noch Flugschüler nennen. Im März 1918 kam ich aber selten in die Luft, machte auch noch mal einen kleinen Bruch. Das Landen war immer noch der wunde Punkt. In der ersten Aprilwoche kam ich dann endlich etwas mehr ran und die Fliegerei machte mir richtig Spass und gerade, wenn die Kiste bei „bockigem“ Wind gleich nach dem Start ein bisschen geschüttelt wurde. Nach 4 Jahren Soldatsein war es ja ein schönes Gefühl, wenn man, wenn auch nur für kurze Zeiträume, ganz sein eigener Herr war, einem keiner etwas befehlen konnte. Oder wenn man bei stillem Abendhimmel ausnahmsweise die Sonne im Westen aufgehen lassen konnte. Solche Erlebnisse bildeten eine gewisse Euphorie – meine Fliegerfreuden sind schliesslich gut ausgelaufen. Am 3.4. hatte ich schon 3 Rundflüge hinter mir, bei etwas trübem Wetter, und startete frohgemut zum vierten. Aber da rührte sich etwas auf dem weiten Flugfeld, gerade als ich schon in die Linkskurve eingebogen war, zwei Männer packten am Landekreuz (eigentlich war das ja kein Kreuz, sondern es stellte den Grundriss eines Flugzeuges dar) ihre Planen zusammen und zogen damit nach Süden. Da hing ich nun einsam in meiner Kiste, ohne Richtung und Wegweiser! Eine Rechtskurve hätte ich machen müssen, aber die hatte man uns Anfängern noch gar nicht gezeigt, oder gar einen Achter, bis das Landekreuz der geänderten Windrichtung entsprechend ausgelegt wäre? Ach was, der Wind war ja sehr schwach, da konnte einem ja ein bisschen Seitenwind beim Landen nichts schaden – denkste – aber es war falsch gedacht. Die Bodenberührung war etwas schräg, das Käserad krachte – so, jetzt steht er auf dem Kopf, aber da bleibt er nicht, langsam kippt er über und liegt auf dem Rücken, und der Bruchpilot hängt am Gurt und zappelt mit den Füssen, die gerade noch den Erdboden erreichen.
Was Fluglehrer und Schulleiter geäussert haben, weiss ich nicht mehr, aber der Traum vom Fliegen war aus, worüber ich ja eigentlich sehr froh sein musste. Das letzte Halbjahr des Krieges durfte ich damit verbringen, aus Bäckerlehrlingen und Bauernknechten perfekte Flugzeugmonteure zu machen.

Original vermutlich ca.1919 von Hans Prölss






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