rb/26.11.2023
Die Anreise Am 8/9 Julli 2023 war die nächste Stella Alpina, das höchtgelegenste Motorradtreffen Europas und ich wollte diesmal wirklich auch einmal dabei sein.
Motorradfreunde der Enduro Szene haben immer wieder davon geschwärmt, und mein zweiter Sohn war dort auch schon mehrmals.
Prinzipiell finde ich dass ein Fahrzeug nicht zum Spass gebraucht werden sollte, sondern als Fortbewegungsmittel dient für den Personen- und Warentransport, und um im Gelände sich zu bewegen, gibt es Reittiere.
Ich kam auf die Idee zu testen, ob es mit dem Twike möglich ist, hatte auch meine Bedenken, wie ich dort unter all den Endurofreaks empfangen wurde, denn bei gänigen Motorradtreffen ist eine starke Marken- und Hubraumdiskrimination zu spühren.
Ich hätte mich gefreut, dass ich einige Twikefahrer gefunden hätte, die diese Herausforderung annehmen würden, doch war die Ausschreibung im Club wohl zu kurzfristig. So hatte ich beschlossen, mit meiner Strassenmaschine dorthin zu fahren, als mich ein Freund anrief, ob ich jetzt mit dem Twike dorthin fahre.
Sein Name ist Wädi. Er hatte bei einem Autoumfall wo er als Motorradfahrer übersehen wurde, ein Bein verlohren. Wurde durch diesen Unfall Prothesenhersteller und liess sich seine Trikes so umbauen, dass er sie auch mit der Prothese fahren kann.
Seine Yamaha XV 535 Viagro bekam eine Fiat Panda Achse und hat sich auf der Reise sehr bewährt mit dem Twike unterwegs zu sein, denn 80km/h waren die ideale Reisegeschwindigkeit.
Ich hatte mir noch vor der Abfahrt bei Ralph ein Schnellladegerät einbauen lassen, so dass der Motor während der Ladezeiten auch abkühlen kann und die Akkus schneller geladen sind.
Ralph hat mir freundlicher weise seinen Ladeschlüssel ausgeliehen, und so fuhr ich wie ein Traumwandler in ein neues Abenteuer. Das erste mal wieder seid meinem Magendurchbruch und Corona im Ausland, mit Ladestationen und einem App und Google maps statt Karten, einem Freund der mir vertrauensvoll folgte.
Wir verabredeten uns am Donnerstag 6 Julli um 6:30 in Wädenswil wo ich übernachtet hatte, nach meiner Anfahrt aus Gelterkinden im Vortag und vom Rheintal.
Ca um 7:00 fuhren wir los, Richtung Gotthard. Ich hatte am Abend die Route eingeschrieben um ca. alle 80km die Akkus zu laden.
Doch schon beio der ersten Etape Gurtenellen, stellte sich heraus, dass die Ladestation auf der Autobahn ist. Doch zum Glück fanden wir einen Platz, wo Wohnmobile abgestellt sind und dort durfte ich nachladen, und habe einige Bazen in die Kasse gelegt.
Von dort ging es über den Gotthard, und oben die Tremola hinunter überholte ich 20 spanische Motorradfahrer mit grossen ccm, die dachten wohl wir seinen Spinner, doch mit drei Räder geht es halt schneller in die Kurve als mit zwei, vor allem, wenn man es übt. Wädi hatte zeitweise Mühe nach zu kommen, was für ein Spass mit 4 kW.
Im Tessin fand ich dann meine erste Elektrostation auf dieser Reise und von dort fuhren wir am Ufer des Lago Maggiore entlang über die Grenze nach Italien.
Dann ging die Suche nach einer italienischen Elektrotankstelle los. Ich konnte die App noch nicht so richtig bedienen, und das war die gesamte Reise so. So habe ich immer mit der aufgeschriebenen Position verglichen, diese dann in Google Maps eingetragen und mich von der Stimme führen lassen.
Ich war sozusagen im Blindflug und Wädi folgte mir unverdrossen. Oft hatte ich das Gefühl wir fuhren im Kreise. Auf der Höhe des Lago d'Orta rief ich meinem Sohn an, ob er auch dieses Jahr ans Treffen fahre. Er rief mich bald zurück und sagte er sei auf der anderen Seite des Sees mit einem Freund und sie seien IM Dreck und im Wald und schickte mir einige Photos ihres Abenteuers mit den Enduros.
Wir waren so gut in Form, dass ich beschloss weiter zu fahren, und bevor die Sonne untergeht irgendwo ein Camp auf zu richten.
Inzwischen hatte ich noch zweimal nachgeladen und war stetig besorgt darüber, ob mein Natel auch genügend Akkus hat, denn die Verbindung zum Nachladen, gab mir Rätsel auf, und auf einmal musste ich Strom sparen, und die Meditationsmusik abstellen um wenigstens noch Google maps benützen zu können.
Wir fuhren von der Durchgangstrasse in ein Dorf, um dort einen ruhigen Platz zu finden um die Zelte auf zu schlagen. Doch das gestaltete sich schwieriger als erhofft, denn die Intensivlandwirtschaft lässt nicht viel Freiraum und in Bächen und Abfallmulden ist es nicht so erquicklich zu übernachten.
So fragte ich zwei Landarbeiter, welche in ihren 4X4 einsteigen wollten, nach einem Lagerplatz. Einer von ihnen zeigte sich sehr hilfsbereit und fuhr mit uns zum Fussballplatz und neben dem Friedhof. Doch mir behagte der Ort nicht so recht, und nach einigen Verständigungsversuchen, meinte unser Gönner, nachdem er seiner Frau angerufen hatte, wir sollten ihm folgen. Mein Italienisch, welches ich mit 20 in Sizilien gelernt hatte, hatte sich durch meinen langen Aufenthalt in Spanien, in Spanisch verwandelt, und mein Freund hatte zwar eine italienische Mutter, welche jedoch kaum mit ihm Italienisch sprach, da er ja Schweizer sein sollte.
Wir errichteten unser erstes Lager bei dem Bauern in seinem Hof, und waren früh wieder gepackt, so dass ich der Bäuerin ihr Tor hab öffnen können, als sie zur Arbeit fuhr und wir haben uns herzlichst bedankt und fuhren frohen Mutes weiter.
Wir hatten schon über der Hälfte der Strecke hinter uns, und bald näherten wir uns dem Ballungszentrum von Turin. Zuerst suchte ich aber wieder einmal eine Stromtankstelle, und wurde bei einem Supermarkt fündig.
Die Stromtankstellen sind immer irgendwie an sehr unwirtlichen Stellen, und ich begann mir schon darüber Gedanken zu machen, dass bei jeder Stromtankstelle mindestens ein Abfalleimer stehen müsste und ein Imbissautomat, oder noch besser eine fahrende Imbissbude, mit Stühlen und Schatten.
Die gesamte Reise war das Wetter sehr heiss und sonnig, und nur einige male gab es eine kleine regnerische Erfrischung, wo ich mein Dach kurz montieren musste. Ansonsten fuhr ich Cabriolet und liess mich bräunen.
So ein Twike ist Solarium und Fitnesszentrum in einem!
Wir fuhren links an Turin vorbei und nach einigem Suchen fand ich die nächste Ladestation. Mein Freund hatte es da um einiges leichter an seinen Sprit zu kommen, obwohl sein Tank mit 10l sehr knapp bemessen war.
Wir kamen dann schon am Freitag Nachmittag in Bardonecchia an, und suchten eine Ladestation, die auch gefunden wurde. Auf der Fahrt begegneten wir schon den ersten Motorradtreffen-Besucher, und im Dorf war die Euphorie des Treffens schon zu spüren, überall Motorräder und Enduros, Camper und 4X4.
Mein Sohn Janosch kam bald mit seinem Freund, sie hatten den Bus dabei, und wollten erst Morgens in die Hochebene hinauffahren, da sie schon viele Endurokm in den Armen hatten in den Wälder am Lago d Orta. Wir stiessen mit einem Bier zusammen an und genossen noch zusätzlichen Mutmacher.
Wir fuhren dann die 16km Schotterpiste Richtung Rochemolles hinauf. Eine Zeit lang war sie noch geteert, doch bald nach dem Stausee begann die Herausforderung, bei jedem Stein vom Stromdrücker loslassen, mit dem Recuperationsdrücker spielen , damit der Stromfluss nicht unterbrochen wird, und ich stehen bleibe, und möglicherweise nicht wieder losfahren kann, weil der Motor nicht die Kraft hat im Hang anzufahren. Ich musste fleissig mit den Pedalen mithelfen, was eine schweisstreibende Arbeit war. Wir begegneten vielen Motorradfahrer, welche uns überholten, oder entgegenkamen. Meine Reisegeschwindigkeit hatte sich drastisch im Gelände reduziert, so bei 7 km/h bis Maximal 13 km/h eingependelt. Was so die Geschwindigkeit meines Einachsers entspricht.
Ab dem Stausee begann die Fahrt durch Schotterpiste und durch den schattigen Wald in besten italienischen Verhältnissen. Bald kamen wir auch einem Camp vorbei, wo schon viele mit ihren Wohnmobilen und 4X4 standen. Die Yamaha meines Freundes hatte auch eine sehr beschränkte Bodenfreiheit und er musste den Schalthebel zweimal wieder einhängen. weil ein Stein ihn verbogen hatte. Auch der Motor kühlte bei der Geschwindigkeit nicht ausreichend, da der Fahrtwind nicht durch die Kühlrippen wehte.
Doch vor dem Eindunkeln kamen wir am Basiscamp auf Cascate Rochemolle, beim Rifugio Scarfiotti an und wir stellten schnell unsere Zelte auf, um ach vor den drohenden schwarzen Wolken gewappnet zu sein.
Wir schenkten uns noch einige mitgenommene Biere ein, ein Schluck Whisky und Kirschen aus dem Baselbiet, welche ich noch auf der Rückreise nach Wädenswil an der Strasse bei einer Bauernfrau gekauft hatte.
Dann ging ich früh ins Zelt da die Alpine Wetterlage sich mit kühleren Temperaturen und starkem Regen meldete.
Der Regen schien den wetterfesten Endurofahrer nichts auszumachen, während der ganzen Nacht fuhren sie hin und her, und standen um das Twike und rätselten wie ich es geschafft habe da hinauf zu kommen.
Die einen sagten: der muss ja gewaltige Beinmuskeln haben, und einmal hörte ich ein Finne laut sagen: ah das ist doch der, der uns dort unten mit 80km/h überholt hat. Ich rief hinaus, dass ich 90km/h drauf hatte, denn ich erinnerte mich gut an dieses Überholmanöver, wo ich den beiden lange mit 80km/h gefolgt war und bei einer Umleitung dann alles aus dem Twike gedrückt habe, da sie unsicher über die Route waren, und ich blind der Stimme über GPS folgte.
Am Morgen gab es an der Schutzhütte Kaffee und Croissants ausgeschenkt von sportlichen Italienerinnen. Sie feierten zur gleichen Zeit das 100jährige Bestehen der Refuggios Alpina.
Ein Mädchen sprach Spanisch, so dass wir uns bestens verständigen konnten. Meine Bedenken dass meine Elektromobilität kritisiert werden könnte, lösten sich schnell in Luft auf. ES gab keinerlei Diskrimination sondern im Gegenteil, tauschte ich mich mit vielen Besucher über allerlei mechanische Details in Motorräder und Motorfahrzeugen aus.
Da kam es mir sehr zu gute, dass ich mein gesammtes Leben an vielen Fahrzeuegen geschraubt hatte, und praktisch kein Fahrzeugtyp nicht in meinem Repertoire hatte. Wir verloren uns in der Nostalgie und dank meinen Sprachkenntnissen wechselte ich von Französisch, Deutsch, Spanisch und Englisch und auch Deutschschweizer waren präsent.
Über 2000 Motorradenthusiasten waren da, und als am Sonntag auch mein Sohn mit seinem Freund kam, nachdem sie mit ihren 250ccm auf 3 3000m hohen Gipfel gewesen waren, war ich angekommen.
Das Twike war die Sensation dieses Treffens und wurde bestaunt wie ein UFO.
Während des Treffens war ein stetiges kommen und gehen. Ein Deutscher Endurofahrer hatte im strömenden Regen während der Nacht um 2:00 sein Zelt neben uns aufgebaut am Sonntag und räumte es um 9:00 schon wieder zusammen, er müsse Montag wieder an der Arbeit sein.
Und die meisten fuhren mit ihrem Motorrad hinauf auf 3000m ü M Colle del Sommeiller, wo man nach Frankreich gelangen kann, was auch der höchste Punkt des Treffens ist. Die 16km ins Basiscamp hat mir 76km meinen Akkus verbraucht, so verzichtete ich auf diese Herausforderung mit einem weinenden Auge. Doch der Weg dorthin schien um einiges herausfordernder zu sein, als bis dahin, und ich wollte auch nicht als Wegbehinderung auffallen, obwohl auch mit Strassenmaschienen, und selbst Rennverkleidungen dort hin gefahren wurde. Auch ein Junge mit seinem 2-Gang Höddy mühte sich dort hinauf, und wurde mit Applaus begrüsst, so sagte es mir mein Sohn, der es miterlebt hatte.
2 Tage unter Verrückten was für ein Genuss, eine kurze Zeit auszuspannen und im Gefühl nicht der einzige Spinner zu sein. Meine Urteile über Endurofahrer sind wie weggewischt. Solch eine Kameradschaft und Lebensfreude unter Motorradfahrer habe ich seid den 70iger nicht mehr erlebt. Und wenn man bedenkt all diese Vorschriften und Radarfallen, welche den Spass am Motorrad verderben und auch die Herausforderung dieses Stahlungeheuer zu beherrschen verhindert, ist Endurofahren noch die letzte Freiheit Motorradfahren zu können.
All diese hirngesteuerten Moralisten welche jeden Spass verbieten wollen, oder Formularisieren, weil sie selbst sich fürchten Lebensfreude zuzulassen, weil dabei ihre dreckigen und unmoralischen Phantasien durchdrücken könnten, sollten doch selbst für sich eine Schutzzone einrichten, wo sie unter sich die Sterilität ihrer erwünschten Ordnung ja einrichten können, ihre Hirnmasturbation und Sicherheitsdenken bei sich selbst testen, statt den Rest der Menschheit damit zu belasten.
Wäre der Mensch mehr beziehungsfreundlich und beziehungssensibel, beziehungsbereit, so wäre es sicherlich viel lustvoller auf diesem Planeten, wo wir uns liebevoll begegnen können, statt sich gegenseitig Vorschriften zu machen, wie man sich zu verhalten habe.
Wieder einmal bestätigt sich meine Aussage, dass der Mensch nicht an einem Umweltproblem leidet, sondern an einem Beziehungsproblem. Wer in Beziehung ist, verhält sich rücksichtsvoll, denn er möchte sie nicht verlieren.
Am Montag Morgen haben wir unsere Zelte bei schönstem Wetter abgebrochen und Elena, meine spanisch sprechende Italienerin kam sich zu verabschieden, und schenkte uns je ein T-Shirt, mit dem Jubiläumsaufdruck. Ich gab ihr die restlichen Baslerlandchriesi, und sie filmte unsere Abfahrt.
In Bardonecchia habe ich zuerst meine Akkus wieder aufgeladen, und dann fuhren wir Richtung Frankreich los.