TWIKE Klub
   
TWIKE Winterreise
rs/27.12.2020

Als Urtwiker kennt man ja eigentlich seine Maschine bestens. Trotzdem gibt es jedes Jahr wieder etwas, was man verbessern kann . . . und dann natürlich umfassend testen muss.

Kälte, Eis und Schnee machen ja bekanntlich dem TWIKE nicht viel aus. Die LiFe-Akkus haben unter 0 Grad eine etwas tiefere Spannung und brauchen etwas länger zum laden, aber das spielt keine grosse Rolle, wenn der Akku genügend Reichweite liefert.

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Die Winterausrüstung

Der Innenraum des TWIKE ist zwar klein, aber den ganzen Raum zu heizen ist etwas suboptimal, da mangels Isolation energiefressend. Was sich aber auf jeden Fall lohnt ist mal alle Fugen zu dichten. Ein zugeschnittener Gummischlauch ist da hilfreich, weil anpassungsfähig. Damit hat man schon mal keinen Durchzug.
Der nächste Schritt ist die Sitzheizung. Es gibt zwar fertige Matten, die man auf den Sitz legen kann, aber die sind etwas gross für die schlanken Sitze. Alternative sind aufklebbare Heizmatten, z.B. bei Amazon erhältlich (electronicx.de/Sitzheizung

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Ein altes, ausgebleichtes Sitzpolster dient als Träger, das neue, schöne kommt darüber; Kabel verlängern und alles zusammennähen. 12V anschliessen und mit dem 5-Stufen Schalter die Leistung zwischen 25W und 60W wählen. Schon wird es kuschlig warm am Rücken.

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Die Testfahrt hat jedoch gezeigt, dass es auch auf Stufe 1 noch viel zu warm wird. Den Regler muss ich noch etwas umkonstruieren, Idee wäre ein Labornetzteil-Modul vor die Steckdose zu hängen, wo man die Ausgangsspannung (= Leistung) beliebig einstellen kann, ev. mit Mikrocontroller-Regelung, sodass man mit voller Leistung kurz aufwärmen und dann zurückfahren könnte.



Die Testfahrt

Ziel ist der Tour de Moron. Google hatte die Idee und ich fand sie gut. 72 km geben gute 1.5h Fahrzeit. Das wird kühl genug und weil alle Restaurants im Lockdown sind, gibt es unterwegs keine Chance, um Wärme zu tanken.
Also fahren wir über Balstal Richtung Westen. Bei Gänsbrunnen wird das Gras immer weisser, Winterfeeling kommt auf.

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Ein weiteres Feature für den Winter sind die LED Leuchten. Diese sind nicht nur so schön weiss wie der Schnee, sondern reduzieren den Stromverbrauch auf die Hälfte, sodass genügend Leistung frei bleibt, damit der DC-Wandler nicht in die Knie geht, wenn zwei Sitzheizungen und eine Heizdecke zusätzliche 150 W beanspruchen wollen.
Die kuschelige Heizdecke konnten wir jedoch heute nicht mitnehmen, da Adrian sie konfisziert hatte (Gibt es auch auf Amazon: www.woltu.eu/).
Die LED Lampen brauchen allerdings eine spezielle Adapterplatine und sind von der Zulassung (-noch-) völlig illegal.

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Nach Moutier hiess uns Frau Google rechts abbiegen den Berg hoch. Das Schild war klar und deutlich "Reduzierter Winterdienst" (auf Französisch natürlich). Wir sehen auch was das bedeutet: genau die Strassenverhältnisse, wo das TWIKE seine Stärken demonstrieren kann!

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Bitte nicht aussteigen, denn das festgefahrene Eis ist so rutschig, dass man gleich umfällt. Weil das TWIKE 80% des Gewichtes auf den angetriebenen Hinterrädern hat und die schmalen 16-3.00 Heidenau K33 Hochdruckreifen sich wie Kufen durch den Schnee pressen, sind auch Steigungen bis 20% ohne grosse Probleme zu meistern. Die Grenze ist das Drehmoment des Motors.

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Nach dem kleine Dorf Champoz geht es dann richtig den Berg hoch. Wir fragen uns, wieso die Autos alle bereits unten vor dem Wald am Wegrand parkiert sind. Die Frage beantwortet sich rasch, denn die ominösen Zick-Zack Spuren im Schnee zeigen, dass es nicht eine Frage des Willens, sondern des Könnens war. Nur Allradantriebler und TWIKEs kommen da durch.

Die Strasse will nicht enden, auch ein Fahrverbot ist nicht in Sicht. Wir fahren Vollgas mit 50 km/h weiter und scheuchen die armen Wanderer von der Piste.

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Auf 1195 m ü M kommt ein Kuhgatter und ab dort führen nur noch die Abdrücke von antiken, schmalen Reifen weiter. Ein Unimog 411 würde ich vermuten. Der kommt mit seinen Portalachsen und grossen schmalen Rädern überall durch, bis 45 Grad Steigung. Wir fahren in den Tiefschnee und parkieren. Der einzige Joker des TWIKE gegenüber den Unimog ist, dass man es auch aus dem tiefsten Schnee locker von Hand wieder befreien kann (. . . der Unimog bräuchte da seine Seilwinde und einen passenden Baum.)

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Weiter wird geschneewandert.

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Mit jedem Schritt weitet sich der Horizont und das Panorama vom Säntis bis zum Mt Blanc breitet sich aus.

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Der Tour de Moron wurde 2004 fertig gestellt. 700 Lehrlinge haben da nach den Plänen von Mario Botta gemeisselt, bis die 191 Marmorstufen den Weg zur Spitze bereiten.

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Mit dem 360 Grad Panorama überblickt man ganz Europa, wird behauptet. Ich sehe vor allem Schweiz, und die ist ja nicht Europa??? Alles eine Frage der Perspektive. Mit etwas mehr Weitsicht würde man Europa schon sehen . . . oder mit weniger Nebel. Türme machen etwas philosophisch.

Danach geht alles Bergab. Mit kalten Füssen und Händen steigen wir ins TWIKE. Der Rücken wird sofort warm, aber Hände und Füsse sind noch nicht richtig verkabelt, wie wir feststellen müssen.
Nächste Onlinebestellung geht an https://www.pearl.ch/. Damit sollte sich bei der nächsten Fahrt auch dieses Problem elektrisch (mit wenigen Wh Energie) lösen lassen.

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Den steilen Eisweg geht es schön brav mit 15 km/h im Bergabtempomat hinunter. Eine Vollbremsung wäre heikel, denn wenn das Vorderrad blockiert, geht es nur noch geradeaus (sehr unpraktisch in der Haarnadelkurve).

Nach 1h 30 Minuten sind wir, genau wie von Frau Google vorhergesehen, wieder zurück in der warmen Stube und geniessen die Bodenheizung und einen heissen Kaffee. Die Auswertung der Fahrt können wir bequem am Computer anschauen, dank der neuen "TWIKE Pilot" Software von Gsundi (noch Beta-Version, das erste offizielle Release wird dann etwas hübscher).


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Hinweis: Der Artikel enthält unbezahlte, aber nützliche Produkteplatzierungen.

Nachtrag: Heizsohlen und Handschuhe

Die Sohlen und Handschuhe von Pearl.ch sind ein paar Tage später eingetroffen. Wie das oft leider der Fall ist, läuft es unter gut gemeint (=Gegenteil von gut). Jedes Teil ist mit einem kleinen Batteriefach ausgerüstet für 3 AA Zellen. Beim ersten kleinen Spaziergang konnte ich keinen Unterschied zwischen Heizung ein oder aus feststellen.

Auf dem Tisch zeigt sich, dass die Batterien, wenn es kalt ist (und genau dann möchte man ja die Sohlen) rasch auf 4.0 V unten sind. Das reicht noch, um die Sohlen auf etwas über 30 Grad zu bringen, ohne Fuß drauf. Am Netzgerät sieht man, dass sie einen Widerstand von 10 Ohm haben, was bei 4 V gerade bescheidene 1.6 W ergibt. Ist zwar gut für den Stromverbrauch, aber nützen tut das nun gar nichts.

Sohlenheizung_4V_04A Sohlenheizung_AA-Zellen


Mit 5.5V sind wir bereits bei 2.86W. Der Test bei 0 Grad in Gummistiefeln zeigte, dass man damit schon locker 2 Stunden ohne kalte Füße überleben kann. . . . Allerdings muss man sich den Adapter und Akku für die 5.5V selbst konstruieren.

Sohlenheizung_5_5V_05A Sohlenheizung_5_5V_Temp

Mit 2 Life-Zellen und Spannungsregler hat man da schon ein gutes Paket für unterwegs. Im TWIKE kann man es direkt am 12V einstecken.

Sohlenheizung_Akku

Ich habe es mal an Pearl geschrieben und sie haben es der Technikabteilung weiter geleitet. . .mal schauen, ob es da ein Upgrade gibt.

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